Im achten Vortrag der Kasseler Reihe über das Johannes-Evangelium wird von Steiner erstmals ausführlicher der Tod Jesu und die Auferstehung thematisiert. »Wodurch charakterisiert sich der Tod am Kreuz für diese Christus-Wesenheit?«Christus als wahrer Weinstock. Athen, 16. Jahrhundert
Er ist ein Ereignis, so die Antwort, »das keinen Unterschied macht zwischen dem Leben vorher und dem Leben nachher. Das ist das Wesentliche des Christus-Todes, dass der Christus durch den Tod kein anderer geworden ist, dass er derselbe geblieben ist, dass er einer gewesen ist, der den Tod in seiner Bedeutungslosigkeit darstellt«. Diesen lebendigen Christus schaute Paulus, der wusste, dass jener Geist, der von Zarathustra auf der Sonne gesucht und von Moses im Feuer auf dem Sinai erblickt worden war, sich dereinst in einem Menschen verkörpern werde. Seine Schau des Auferstandenen überzeugte ihn davon, dass die »Individualität«, die das Kreuz auf sich genommen hatte, Christus war. Konnten die Seher ihn früher nur im Kosmos finden, war er seit dem Tod am Kreuz in der Erdenaura gegenwärtig. Dasselbe sah Paulus in dieser Aura, was Zarathustra in der Sonne sah und er wurde aufgrund dieser Schau zum »Verkündiger des lebendigen Christus«. Ohne den Auferstandenen, den lebendigen Christus gäbe es kein Christentum.