Amerikanische Diplomatie als Tragödie
Gastbeitrag von Michael Hudson
Wie in einer griechischen Tragödie, deren Protagonist das Schicksal herbeiführt, das er zu vermeiden sucht, erreicht die Konfrontation der USA und der NATO mit Russland in der Ukraine genau das Gegenteil des von Amerika angestrebten Ziels. Sie sollte China, Russland und seine Verbündeten daran hindern, unabhängig von der Kontrolle der USA über ihre Handels- und Investitionspolitik zu bestimmen.
Der Plan der Biden-Regierung, die China als Amerikas langfristigen Hauptgegner bezeichnete, bestand darin, Russland von China abzuspalten und danach Chinas militärische und wirtschaftliche Lebensfähigkeit zu lähmen. Die amerikanische Diplomatie hat jedoch dazu geführt, dass sich Russland und China mit dem Iran, Indien und anderen Verbündeten zusammengetan haben. Zum ersten Mal seit der Bandung-Konferenz der blockfreien Staaten im Jahr 1955 ist eine kritische Masse in der Lage, sich gegenseitig zu versorgen und die Emanzipation von der Dollar-Diplomatie einzuleiten.
Angesichts der industriellen Prosperität Chinas, die auf selbstfinanzierten öffentlichen Investitionen in sozialisierten Märkten beruht, räumen US-Beamte ein, dass es mehrere Jahrzehnte dauern wird, bis dieser Kampf entschieden ist. Die Bewaffnung eines stellvertretenden ukrainischen Regimes ist lediglich ein erster Schritt, um den Zweiten Kalten Krieg (und möglicherweise/oder tatsächlich den Dritten Weltkrieg) in einen Kampf um die Aufteilung der Welt zwischen Verbündeten und Feinden überzuführen, wobei es darum geht, ob die Regierungen oder der Finanzsektor die Weltwirtschaft und die Gesellschaft gestalten werden.
Was als »Demokratie« nach US-amerikanischem Vorbild ausgegeben wird, ist eine Finanzoligarchie, die grundlegende Infrastrukturen wie Gesundheit und Bildung privatisiert. Die Alternative ist das, was Präsident Biden als »Autokratie« bezeichnet – eine feindselige Bezeichnung für Regierungen, die stark genug sind, eine globale Rentenoligarchie an der Übernahme der Kontrolle zu hindern. China wird als »autokratisch« bezeichnet, weil es die Stillung von Grundbedürfnissen subventioniert, anstatt sie dem Markt preiszugeben. Seine gemischte Wirtschaft kostengünstiger zu machen, wird als »Marktmanipulation« bezeichnet, als ob das etwas Schlechtes wäre, was nicht auch die Vereinigten Staaten, Deutschland und jede andere Industrienation während ihres wirtschaftlichen Aufschwungs im 19. und frühen 20. Jahrhundert getan hätten.