Leider stehen dem Unterfangen, die Entwicklung bestimmter ideeller Motive im Vortragswerk Rudolf Steiners im Jahr 1906 zu verfolgen, unausräumbare Hindernisse im Weg. Diese ergeben sich aus der Beschaffenheit des Quellenmaterials.
Professionell mitstenographierte und nicht redaktionell aufbereitete (bearbeitete, beschönigte) Vorträge Steiners weisen im Druck je nach Sprechdauer (1 ½ bis 2 Stunden oder länger) einen Umfang von 30 bis 50 Seiten auf (als Vergleich bietet sich Band 173a, Dornach 2010 an).
Im Vergleich dazu stellen sämtliche Texte in den Bänden 94 und 97 der Gesamtausgabe den Interpreten vor ein schwer erträgliches, nicht aus der Welt zu schaffendes Dilemma. Sie bieten allein schon deswegen keine verlässliche Grundlage für belastbare Aussagen über die genauen Ausführungen oder Ansichten Steiners, weil es sich offensichtlich um Fragmente handelt. Man kann im Grunde lediglich konstatieren, worüber er gesprochen, aber kaum mit Sicherheit, was er gesagt hat. Das Gedruckte ist keine wörtliche Überlieferung, durch die verkürzenden Notate sind alle Herleitungen, Begründungen, Übergänge und Nuancen unwiederbringlich verloren, Irrtümer im Text sind nicht ausgeschlossen, sondern geradezu vorauszusetzen. Es ist nicht sinnvoll, ja irreführend, wörtliche Zitate aus diesen Bänden als »Wortlaute« Rudolf Steiners auszugeben. Den Notizen oder Zusammenfassungen der Hörer sind lediglich die Motive zu entnehmen, über die Steiner gesprochen hat, und selbst diese dürften nicht alle festgehalten worden sein. Es ist mir schleierhaft, wie die Herausgeber beim Vorliegen von Notizen, die im Druck lediglich einen Umfang von 6 Seiten (!!) aufweisen, von »regelrechten Nachschriften« sprechen können. In beiden Bänden stammen außerdem sämtliche Vortragstitel und Titel der Vortragsreihen von den Herausgebern, nicht von Rudolf Steiner.