Die Entfaltung der Christologie im Werk Rudolf Steiners 1906 (10)
In Band 97 der Gesamtausgabe, der erstmals mit dem Titel »Das christliche Mysterium« 1968 erschien, wurde auch ein Vortrag aufgenommen, den Steiner am 2. Dezember 1906 in Köln hielt. Der Text dieses Vortrages wurde 1945 von Marie Steiner im Nachrichtenblatt der Anthroposophischen Gesellschaft veröffentlicht, er beruht auf Notizen ungenannter Zuhörer und nimmt im Druck 12 ½ Seiten ein. Der Titel des Vortrags – Das Mysterium von Golgatha – stammt nicht von Steiner, erscheint aber aufgrund seines Inhaltes gerechtfertigt.
Bis zum Dezember 1906 taucht die Wortverbindung »Mysterium von Golgatha« nur sporadisch und ohne nähere Erläuterungen im Vortragswerk auf. Nun aber widmet Steiner diesem »Mysterium« einen ganzen Vortrag. Über »christliche Mysterien« oder »das christliche Mysterium« hatte er schon einige Jahre gesprochen, bereits im Buch DasChristentum als mystische Tatsache …; dass aber der Begriff des »Mysteriums« mit Golgatha verknüpft wird, stellt ein neues Motiv dar. Das Geheimnis, das mit der Schädelstätte »Golgatha« verbunden ist, kann nur das Geheimnis des Todes am Kreuz und die durch ihn ermöglichte Auferstehung sein – zwei zentrale, besser: die zentralen Mysterien des Christentums, die von Steiner in seinen Darstellungen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht näher ausgeleuchtet worden waren.