Europas lautes Schweigen – Der seltsame Fall des Hundes, der nicht bellte
Alastair Crooke, Originalveröffentlichung 10. Oktober 2022.
»Merkwürdig: die Tatsache, dass der Hund nicht bellte, obwohl man es von ihm erwartet hätte.« Sir A. Conan Doyle
Die westlichen Medien sind voll von Spekulationen darüber, ob wir an der Schwelle zum Dritten Weltkrieg stehen oder nicht. Eigentlich sind wir schon dort. Der lange Krieg hat nie aufgehört. Im Gefolge der amerikanischen Finanzkrise von 2008 mussten die USA die Absicherungen ihrer Wirtschaft verstärken. Für die Anhänger von Leo Strauss (die neokonservativen Falken) war die damalige Schwäche Russlands nach dem Kalten Krieg eine »Gelegenheit«, eine neue Kriegsfront zu eröffnen. Die US-Falken wollten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Russlands wertvolle Ressourcen plündern, um ihre eigene Wirtschaft zu stärken und es in eine Vielzahhl von Teilen zerlegen.
Für die Straussianer ist der Kalte Krieg nie zu Ende gegangen. Die Welt bleibt binär – »wir und sie, gut und böse«.
Doch die neoliberale Ausplünderung war letztlich nicht erfolgreich – zum anhaltenden Leidwesen der Straussianer. Spätestens seit 2014 (so ein hochrangiger russischer Beamter) hat sich das »Great Game« der USA auf den Versuch verlagert, die Energieströme und -korridore zu kontrollieren – und den Energiepreis zu bestimmen. Auf der anderen Seite stehen die Gegenmaßnahmen Russlands zur Schaffung fließender und dynamischer Transitnetze durch Pipelines und asiatische Binnengewässer – ebenfalls zur Beeinflussung des Energiepreises. (Jetzt über OPEC+).