»Daß die vielzitierte Aufarbeitung der Vergangenheit (…) nicht gelang und zu ihrem Zerrbild (…) ausartete, rührt daher, dass die objektiven gesellschaftlichen Voraussetzungen fortbestehen, die den Faschismus zeitigten. (…) Die ökonomische Ordnung (…) verhält nach wie vor die Majorität zur Abhängigkeit von Gegebenheiten, über die sie nichts vermag, und zur Unmündigkeit.«
Theodor W. Adorno, Was heißt: Aufarbeitung der Vergangenheit? 1959
»Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen.«
William Faulkner
»Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit?«
»Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit?«, fragte der Philosoph Theodor W. Adorno 1959. Als »Schlagwort« gebraucht, bemängelt Adorno, bedeute »Aufarbeitung der Vergangenheit nicht (…), dass man das Vergangene im Ernst verarbeite, um seinen Bann zu brechen durch helles Bewusstsein.« Es gelte: »Im Hause des Henkers soll man nicht vom Strick reden.« Adornos Kommentar zur Haltung der Adenauerzeit, es müsse ein Schlussstrich unter die Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit gesetzt werden:
Der Gestus, es solle alles vergessen und vergeben sein, der demjenigen anstünde, dem Unrecht widerfuhr, wird von den Parteigängern derer praktiziert, die es begingen.
Angesichts des meist namenlosen Leids, das vielen Menschen durch sinnlose, nicht evidenzbasierte Corona-Maßnahmen widerfuhr, klingen Adornos Gedanken in uns Zeitgenossen eines neuen Zeitalters – des Zeitalters der »pandemischen« Angst – nach und lassen aufhorchen. Während sich die Erkrankungs- und Todeszahlen im statistisch für Infektionserkrankungen der oberen Atemwege erwartbaren Rahmen hielten, muss inzwischen davon ausgegangen werden, dass die politisch zu verantwortenden »Kollateralschäden« die durch das Virus hervorgerufene Anzahl an Opfern bei weitem übersteigen.