»Der Herzschlag der Anthroposophie – Rudolf Steiner gelang es in erstaunlicher Weise, Projekte der Lebensreform aufzugreifen und in seine Esoterik zu integrieren: Landwirtschaft, Heilkunst, Pädagogik, künstlerischer Ausdruck … Einen vergleichbaren Versuch unternahm neben ihm nur noch seine Zeitgenossin Katherine Tingley in Lomaland. Gleich Steiner war sie in die Führungselite der Theosophischen Gesellschaft aufgestiegen; ihren Projekten war aber nicht der gleiche nachhaltige Erfolg beschieden, wie den steinerschen.
Noch nach hundert Jahren florieren Steiners lebenspraktische Initativen. Sie bleiben nach wie vor in einem Mindestmaß aufeinander bezogen. Denn ihr ständiger Rekurs auf ihre Gründungsfigur eint sie ebenso wie die koordinierende Zentrale in Dornach, die trotz mancher Auseinandersetzungen und ungeachtet der Streitbarkeit so manches anthroposophischen Kopfes dem Zusammenhalt der anthroposophischen Bewegung dient.
Die äußeren Klammern – Dornacher Zentralinstanz und das schriftliche Vermächtnis Steiners – können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das, was von Steiner als verbindende Mitte aller lebenspraktischen Aktivitäten gedacht war, momentan eher blass daherkommt: nämlich eine lebendige Esoterik, um die sich Steiner so mühte. Kaum ein Anthroposoph wird bestreiten, dass sie ihre Zentralstellung nicht wirklich einnimmt. Und als Herzmitte dieser Esoterik gilt für Steiner, und mit ihm auch für Lorenzo Ravagli, das »Christus-Ereignis«. Es ist die Sinnmitte der Erdgeschichte. ...«