Professor Sucharit Bhakdi hat Ken Jebsen ein Interview gegeben, das in kurzer Zeit eine außerordentliche Verbreitung fand. Dieses Interviewhat mich sehr beeindruckt, fast so wie Navid Kermanis Reden in der Frankfurter Paulskirche bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (Oktober 2015) und im Deutschen Bundestag zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes (Mai 2014).
Ein Urteil über Bhakdis Aussagen zur aktuellen virologischen, epidemiologischen und klinischen Situation der Pandemie in Deutschland steht mir nicht zu, obwohl mir vieles von dem, was er ausführte, einleuchtend und plausibel erscheint; zur wirklichen Beurteilung aber fehlen mir das Fachwissen und der Überblick, zumal die diesbezüglichen Einschätzungen weit auseinander gehen. Die eindrucksvoll vorgebrachten Sorgen und Befürchtungen Sucharit Bhakdis zur politisch-gesellschaftlichen und ökonomischen Lage, zur Frage der Demokratie, der Freiheit und des sozialen Umgangs sowie seine Betroffenheit darüber teile ich jedoch in vollem Umfang.
History does not repeat, but it does instruct. (Timothy Snyder)
Diese Sorgen und Befürchtungen sind auch in einem geschichtlichen Horizont sehr berechtigt, wie ich meine, vor dem geschichtlichen Hintergrund unseres Lebens in Deutschland und Europa. Ich möchte an dieser Stelle auf das kleine Buch des Yale-Historikers Prof. Timothy Snyder hinweisen, das 2017 erschien, auf seine »20 Lektionen aus dem 20. Jahrhundert«. Es ist eine knappe, aber wichtige Schrift. Auf S. 114 der Taschenbuchausgabe heißt es:
Die Demokratie ist in Europa in den 1920er, 1930er und 1940er Jahren gescheitert, und heute scheitert sie nicht nur in einem Großteil Europas, sondern auch in vielen Teilen der Welt. Es ist diese Geschichte und Erfahrung, die uns das finstere Spektrum unserer möglichen Zukunft offenbart.