Seit dem Untergang des Naziregimes waren soziale Ausgrenzungen von Menschen aufgrund körperlicher Eigenschaften mit Recht tabu. Zur Abwehr solcher Ausgrenzungen hielt die Verfassung der Bundesrepublik in ihrem Grundrechtekatalog fest: »Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.«
Zu fürchterlich waren die Folgerungen, die der totalitäre Staat aus dem Anspruch gezogen hatte, über seine Untertanen zu bestimmen. Sein Verfügungsanspruch war absolut, er machte nicht einmal vor dem Intimsten Halt: dem menschlichen Körper. Der Entwürdigung des Menschen durch den Staat sollte ein für alle Mal Einhalt geboten werden. Deswegen heißt es im Grundgesetz: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Und: »Das deutsche Volk bekennt sich zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft.« »Die Menschenrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.« Legislative, Exekutive und Judikative sind an sie gebunden. Sie sind die rote Linie für alle staatliche Gewalt.