Die freie Urteilsbildung – d.h., die nicht durch Staat oder Kirche oder andere gesellschaftliche Instanzen behinderte Forschung –und der Austausch über die gewonnenen Erkenntnisse mit anderen, die dem gleichen Ideal verpflichtet sind, bilden die Hefe des Erkenntnisfortschritts.
Ihnen werden im Betrieb der Wissenschaft eine Reihe von Funktionen zugeschrieben: die freie Rede ermöglicht die Korrektur von Fehlern und eine elegante Lösung von Konflikten. Im Streit der Argumente und Beweisführungen werden schlechte Ideen durch bessere verdrängt (meist jedenfalls), da der Austausch über sie öffentlich stattfindet, jeder sie überprüfen und Einwände vorbringen kann. Die freie Rede erfüllt außerdem eine zivilisierende Funktion, da wir uns nicht mehr gegenseitig die Köpfe einschlagen müssen, sondern das Faustgefecht durch das Wortgefecht ersetzen können.
In welchem Verhältnis die Universität, überhaupt das Bildungssystem einer Gesellschaft zu Staat und Wirtschaft steht, die sie beaufsichtigen bzw. finanzieren, ist eine andere Frage, die allerdings mitbedacht werden muss, wenn man über »akademische Freiheit« redet. Wenn Universitäten »staatlich« – also Ministerien unterstellt – sind, liegt das auf der Hand. »Bildungspolitik« ist Parteipolitik, die Kultusbürokratien geben bis in die Grundschulen die Marschrichtung vor.