Durch die Inspiration wird, über das bloße Wahrnehmen hinaus, Orientierung, Deutung, Verstehen möglich. Durch sie lernt man »innere Eigenschaften von Wesen kennen«, die sich verwandeln. Offenbar bezieht sich die Imagination nicht auf »innere Eigenschaften«, sondern auf das »Äußere« von Wesen, auf deren »Äußerung« oder »Entäußerung« in Erscheinungen, die ständiger Wandlung unterliegen. Steiner präzisiert, es handle sich um die »seelischen« Äußerungen dieser Wesen, während die Inspiration in deren »geistiges Innere« vordringe. Diese Bemerkung verweist sowohl auf den Ort als auch den Inhalt der Erkenntnis: die seelischen Aspekte geistiger Wesen manifestieren sich in der Seele, deren geistiges Innere im Geist. Gleiches wird durch Gleiches erkannt.
So wie sich in der anima caelestis die Mannigfaltigkeit der Keimformen der Arten in »sinnlich-sittlichen« Bildern offenbart, offenbart sich im kosmischen nous die Mannigfaltigkeit der ideellen Wesenheiten, der »Herren der Arten« (Suhrawardi) als eine Vielheit von Individualitäten. So wie im Organismus des menschlichen Denkens die Vielheit der Ideen aufgrund ihres Inhalts in vielfältigen Wechselbeziehungen steht, stehen auch die geistigen Individualitäten, die sich im inspirativen Bewusstsein aussprechen, aufgrund ihres Wesensinhaltes in vielfältigen Wechselbeziehungen. Diese Wechselbeziehungen werden nicht, wie die Beziehungen der Wesen der physischen Welt, aufgrund äußerer Einwirkungen induktiv erkannt, sondern deduktiv aus ihren Ursachen. Inspiration ist Erkenntnis von Vorgängen aus ihren Ursachen, diese »Ur-sachen« sind die Wesen, die in den Vorgängen ihre ideellen, geistigen Beziehungen manifestieren.