Die Geste impliziert zweierlei: sie weist auf uns selbst als die Bemerkenden hin und schließt den anderen ein, dessen Aufmerksamkeit wir auf das von uns Bemerkte hinlenken wollen.
Der Fingerzeig zeichnet den Menschen als Beobachtenden und Begriffebildenden aus, denn wir sehen nicht nur, sondern wir erkennen das Gesehene auch als bedeutsam. Auf Bedeutungsloses weisen wir nicht hin, wir belästigen andere nicht mit Fingerzeigen, wenn wir selbst das Bemerkte nicht für bedeutsam halten. Das Zeigen auf etwas ist ein Aufweisen und ein Hinweisen, ihm geht Erkennen voraus und folgt ihm nach.
Der Fingerzeig ist ein sympathetischer Akt, ein Ausdruck unserer sozialen Veranlagung: wir laden den anderen dazu ein, unser Staunen und unsere Verwunderung zu teilen. Er ist aber auch die Einladung zu einem Gespräch: wir wünschen, indem wir den anderen durch ihn auf etwas hinweisen, mit ihm in Kommunikation über das Bedeutsame zu treten, das wir bemerkt haben. Schließlich laden wir ihn auch zur Syngnosis, zu einem gemeinsamen Erkenntnisprozess ein, der aus dem Staunen hervorgeht. Das Zeigen mit dem Finger ist ein elementarer philosophischer Prozess, der die Aussage des Aristoteles bestätigt, alles Erkennen fange mit dem Staunen an. Es ist ein gestisches Zeugnis unseres Menschseins, setzt es doch den ganzen Menschen voraus: seine leibliche Existenz, ohne die er in der sinnlichen Welt nicht zu sehen vermöchte, seine Seele, ohne die er nicht zu staunen und zu bewundern vermöchte und seinen Geist, ohne den er keine Bedeutungen zu erkennen vermöchte.
Nicht zufällig bedienen sich Eltern kleiner Kinder der mit verbalen Aufforderungen verbundenen Geste: Sieh dies! Sieh das! Schau eine Ente, schau der Schmetterling! Sie leiten ihre Kinder zum Wahrnehmen und Beobachten an, indem sie ihren Blick durch den Finger auf etwas lenken, sie regen sie durch die begleitenden sprachlichen Äußerungen zum Erkennen und Wiedererkennen an. Und sie teilen ihre Freude über das Gesehene und Erkannte, ihre Freude über die Wunder dieser Welt mit ihnen.