Clement bemängelt das Fehlen »kritischer« Literatur zu Steiners späteren Schaffensphasen, hält jedoch solche Titel wie Richard Geisens Anthroposophie und Gnostizismus (fälschlicherweise »Thomas« getauft) oder Klaus Bannachs Anthroposophie und Christentum wenigstens für brauchbar. Hartmut Traub wandte sich mit Philosophie und Anthroposophie aus der Perspektive der akademischen Forschung der Philosophie Steiners zu. Zanders Anthroposophie in Deutschland habe erstmals »Steiners Verhältnis zur theosophischen Bewegung« näher untersucht und zwischen einer »theosophischen und einer anthroposophischen Phase« unterschieden. Allerdings, dies sei hier angemerkt, war diese Unterscheidung lediglich formell, da er durch seine pauschale Ableitung der Anthroposophie aus der Theosophie diese Differenz faktisch negierte. Dies hat auch Clement festgestellt, denn er meint, die Frage, worin sich die erstere von letzterer unterscheide, sei von Zander nicht beantwortet worden, – was bei einem über tausend Seiten umfassenden Werk einigermaßen erstaunlich ist. Die neuere Esoterikforschung hat einige »präliminarische Studien« von Olav Hammer, Katharina Brandt und Egil Asprem zu Steiners Theosophie aufzuweisen (dazu weiter unten).
Schließlich kommt der Herausgeber auf die textkritische Auseinandersetzung mit Steiners Theosophie zu sprechen. Daniel Hartmann gab zum hundertjährigen Geburtstag des Werkes eine textkritische Edition heraus, die als »Meilenstein« gelten darf. Hartmann ließ allerdings in seinen Kommentaren eine »werkgenetische Kontextualisierung« vermissen. Diese Lücke versuchte Zander zu schließen. Seine Interpretation der Theosophie ignorierte jedoch die »stilistischen und inhaltlichen Besonderheiten« des Buches, Steiners »gedankliche Eigenleistungen« und dessen Zusammenhang mit seinen philosophischen Anschauungen. Zanders Hauptthesen fasst Clement in fünf Punkten zusammen: 1. Steiners Hinwendung zur Theosophie sei eine Konversion und ein Bruch mit allem früheren gewesen, 2. er habe sich die Inhalte der Theosophie erst während seiner theosophischen Zeit angeeignet, 3. seine »Leseerfahrungen« als Früchte eigener Forschung ausgegeben, 4. der restliche Inhalt dieses Werkes sei aus anderen »Quellen« geklaut und 5. das Buch entbehre jeglicher Systematik. Akademischerseits sei Zanders Werk »überwiegend positiv« rezipiert worden und gelte heute allgemein als »Standardwerk«, obwohl es von anthroposophischer Seite »massiv« kritisiert worden sei (Swassjan, Ravagli). In gewisser Weise konterkariert Clements eigene Kritik an Zander jedoch diese »überwiegend« positive Wertung. Ausführlich gewürdigt wird von ihm das Schriftchen Rudolf Steiner und die Anfänge der Theosophie von Robin Schmidt, das – obwohl von einem anthroposophischen Autor verfasst –, doch nicht apologetisch sei. Dessen gegen Zander aufgrund detaillierter historischer Untersuchungen formulierte Thesen: 1. Steiner habe die Theosophie nicht erst um die Jahrhundertwende kennengelernt, sondern sei bereits seit Mitte der 1880er Jahre mit ihr vertraut gewesen, 2. schon sein philosophisches Denken sei mystisch geprägt gewesen, daher könne weder von einem Bruch noch einer Konversion die Rede sein, 3. er habe bereits in den 1890er Jahren über einen eigenständigen Esoterikbegriff verfügt und in seiner theosophischen Zeit nach einer Synthese von »Mystik und Wissenschaft« gestrebt.