Nicht nur der bereits behandelte Aufsatz Einweihung und Mysterien, der von Juli bis September 1903 in Fortsetzungen in der Zeitschrift Luzifer-Gnosis erschienen ist, sondern auch der öffentliche Vortrag vom 4. Januar 1904 in Berlin zeugt von der Umwandlung, die Steiner in der zweiten Jahreshälfte 1903 erlebte, auf die seine 1924 aufgezeichnete Notiz hindeutet.
Der Vortrag trägt den programmatischen Titel »Theosophie und Christentum«. Es ist der erste öffentliche Vortrag überhaupt, den der am 19. Oktober 1902 zum Generalsekretär der deutschen Sektion Gewählte zu diesem Thema hielt. Steiner versuchte in seinen Ausführungen zu zeigen, dass im »richtig verstandenen Christentum wahre, echte Theosophie zu finden ist«. Außerdem bemühte er sich darum, klarzustellen, »welche Aufgabe die Theosophische Gesellschaft gegenüber dieser Religion« habe.
»Nichts anderes als Dienerin« soll die Theosophie gegenüber dem Christentum sein und dessen tiefsten Kern herausschälen. Diese Aufgabe vermag sie nur zu erfüllen, indem sie über den materialistischen Geist hinausführt, von dem die historisch-kritische Theologie des 19. Jahrhunderts erfüllt ist. Deutlich zeigt sich dieser Geist laut Steiner in David Friedrich Strauß, der unfähig war, das Urmysterium des Christentums, die »Fleischwerdung des Wortes« zu begreifen. Daher verflüchtigte sich ihm die Christusgestalt zu einem Mythos, dem Mythos des idealen Menschen. Allerdings, so wendet Steiner gegen Strauß ein, findet sich diese Idee des Idealmenschen, der »abstrakten Menschengattung«, nirgends in den Evangelien.