Wir leben in sonderbaren Zeiten. Bürger der Bundesrepublik holen sich beim Bundesverfassungsgericht ihr Recht auf Versammlungen unter freiem Himmel zurück, das ihnen durch die Corona-Maßnahmen der Exekutive entzogen worden ist. In hunderten deutschen Städten finden Protestveranstaltungen statt. Auf dem Stuttgarter Wasen versammelten sich am letzten Wochenende Schätzungen zufolge an die 30.000 Menschen. Nahezu gleichlautend berichten die Qualitätsmedien und der öffentlich-rechtliche Rundfunk über sie: Verschwörungstheoretiker, Impfgegner, Coronaleugner, Esoteriker, Aluhutträger, Wutbürger, Reichsbürger, Rechtsextreme – mitunter auch Linksextreme – fänden sich zusammen, heißt es, um – ja, um was zu tun? – zu protestieren! Die Kategorien der Diffamierung wachsen ebenso inflationär, wie die Zahl der Diffamierten. Was dem einen sein Verschwörungstheoretiker, ist dem anderen sein Verschwörer und umgekehrt. Die Berichterstatter der Qualitätsmedien wetteifern darum, wer die glänzendste Relotiade oder düsterste Orwelliade zu Papier zu bringen vermag. Auch die Verantwortungsträger in den Parteien und Verbänden sehen sich mittlerweile genötigt, vor einer gefährlichen Entwicklung zu warnen, die gefährlicher werden könnte, als das apokalyptische Virus.
Auf den Versammlungen werden alle möglichen »kruden« Forderungen laut, zu einen scheint die Demonstranten jedoch der Wunsch, die Einschränkungen des Alltagslebens möchten endlich ein Ende finden und die von unserer Verfassung garantierten bürgerlichen Freiheiten von den Verwaltern der politischen Macht wieder »gewährt« werden.